Leadership und Enttäuschung
Sie haben als Führungsperson noch nie jemanden enttäuscht? Oder sind von jemandem enttäuscht worden? Kaum vorstellbar. Treffen Sie doch täglich unzählige Entscheidungen, die vor allem das Wohl Ihrer Organisation in den Vordergrund stellt!
Ausgehend davon, dass Enttäuschung nur die Aufhebung einer Täuschung ist, haben alle Führungspersonen sich schon einmal in einem Mitarbeiter/einer Mitarbeiterin getäuscht. Die Person schien geeignet zu sein, mehr Verantwortung zu übernehmen oder besondere Kompetenzen mitzubringen. Und irgendwann erkennt man, dass die Person überfordert ist, oder ganz einfach nicht Willens die neue Position entsprechend auszufüllen. Dann ist es wichtig, einerseits die Person zu enttäuschen, indem sie von dieser Position entbunden wird, also ihr die Täuschung zu nehmen, am richtigen Platz zu sein. Andererseits mit der eigenen Enttäuschung umzugehen. Auch Führungspersonen täuschen sich eben manchmal.
Die Täuschung aufzuheben – zu enttäuschen – verlangt ein gesundes Maß an Menschenverstand und Mut. Sie wollen ja niemanden kränken. Das liegt nicht in Ihrer menschlichen Natur und humanistischen Einstellung. Aber die Täuschung nicht aufzuheben, könnte wesentlich inhumaner sein und größeren Schaden anrichten.
Ich muss mich als Führungsperson meiner Organisation von einem Mitarbeiter trennen, das ist hart für die Person, aber die richtige Entscheidung für meine Organisation, die als gesamtes meiner Verantwortung unterliegt. Das Wohl des Gesamten liegt über dem Wohl des Einzelnen. Indem ich ihm die Täuschung nehme, ermögliche ich ihm, seinen richtigen beruflichen Platz zu finden.
Wie die Führungsperson mit der eigenen Enttäuschung umgeht, hängt davon ab, welche eigene Fehlerkultur sie entwickelt hat, und auf welche Art und Weise sie gelernt hat, mit persönlichen Enttäuschungen umzugehen. Auf der Kinder-Ich-Ebene steht die Kränkung im Vordergrund, auf der Eltern-Ich-Ebene das Versagen in der Verantwortung, auf der Erwachsenen-Ich-Ebene die Klarheit über die Aufgaben, die als Führungsperson wahr genommen werden müssen.
Eine der Leadership Aufgaben ist somit auch, für sich selbst zu reflektieren, auf welcher Ebene Enttäuschungen wahrgenommen werden und auf welcher Ebene mit enttäuschten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen umgegangen wird.