Leadership und Macht
Der Begriff der Macht ist für gewöhnlich negativ konnotiert. Zu unrecht, wie ich meine. Macht per se ist eine neutrale Größe und im eigentlichen Sinne das Gegenteil von Ohnmacht. Damit ist Macht doch wieder sehr positiv zu betrachten. Macht zu haben bedeutet Handlungsfähigkeit, Entscheidungs- und Gestaltungsfähigkeit zu besitzen. Damit ist Leadership und Macht keineswegs negativ zu sehen.
Die Macht einer Führungsperson, eines Kapitäns, speist sich aus unterschiedlichen Quellen. Einmal ist es natürlich die Funktion als solche, die Macht verleiht. Die Leadership Funktion allein ist möglicherweise nicht genug, auf Dauer handlungs- und entscheidungsfähig zu bleiben und dadurch die Mannschaft zu führen. Macht zu haben und (wirk-)mächtig zu sein, erfordert Kompetenzen. Einerseits Kompetenzen fachlicher Natur, um sich den Respekt der Schiffsmannschaft zu erwerben. Andererseits Kompetenzen sozialer Natur, um etwaige Konfliktsituationen wahrzunehmen, zu antizipieren oder zu entspannen. Und zudem Kompetenzen interpersonaler Natur, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Fähigkeiten entsprechend einzusetzen und sie zu motivieren, eigenverantwortlich und selbständig zu sein.
Wer echte Macht im positiven Sinne besitzt, ist nicht darauf angewiesen, Angst und Schrecken zu verbreiten oder zu manipulieren. Vielmehr geht es um den Respekt, den Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihrem Kapitän entgegenbringen. Sich diesen Respekt zu erarbeiten, ist ein Prozess, der von der Führungsperson nicht nur entsprechende Kompetenzen, sondern auch enorme Selbstdisziplin und Selbstreflexion erfordert.
Selbstdisziplin ist nicht immer leicht, der “innere Schweinehund” und die Eitelkeit wohnen jedem Menschen inne. Aus der Macht im positiven Sinne kann sich im Laufe der Zeit auch Machtmissbrauch entwickeln, die Beispiele aus der Geschichte sind so vielfältig wie die Mächtigen ihrer Zeit. Nicht umsonst kennt unsere Sprache stehende Begriffe wie “die Macht zu Kopf gestiegen”. Mächtig, also mit gestalterischer Kraft ausgestattet, zu sein, bedeutet sorgsam mit dieser Macht umzugehen. Wieder spielt die Selbstreflexion dabei eine entscheidende Rolle.
Als Führungsperson befinden Sie sich immer wieder auf dem Drahtseilakt, Ihrer eigenen Eitelkeit ein Schnippchen zu schlagen und Ihre Macht nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Der gute Kapitän stellt sich dieser Herausforderung.